Spiel mit Plotgegenständen und Schriftstücken

 

Ingame-logisches Handeln & Plotbunkerei vs. „Teilen macht glücklich“

Jeder kennt den klassischen Plot, in dem ein toll gemachtes Artefakt auftaucht, mit dem man großen Schaden anrichten kann. Das Studium des gefährlichen Gegenstandes ist jedoch notwendig, um den Schaden abzuwehren und eine Gegenstrategie zu entwickeln.

Spielercharaktere bekommen dieses Artefakt in die Hände und die intuitive, durch Charakterlogik diktierte Lösung, die meist in kleiner Expertenrunde aus Gelehrten und Geweihten getroffen wird, ist:

Schnell, das Artefakt wegsperren! Das ist viel zu gefährlich für die normalen Leute! Wir müssen sie schützen, deswegen können wir solche Dinge niemandem zeigen! Versammelt die Magier/Gelehrten/Geweihten und wir besprechen uns erst einmal im Geheimen! Wir schließen alle aus, die nicht zu unserer kleinen Gruppe aus Vertrauten gehören!

IT-logischer Gedanke

Die logische Folge ist, dass 10 Spieler (die sich oft schon von vorher kennen und sich „vertrauen“) sich  mit den toll designten Artefakten beschäftigen, 90 % der Spieler diese niemals sehen, ein Großteil der Spieler von Plot ausgeschlossen wird, was zu Unzufriedenheit, Konflikten zwischen den Spielern („Du blöder elitärer Plotbunkerer!“) und zu negativer Conkritik führt.

Das Ergebnis: Alle verlieren, obwohl man einfach nur IT-logisch gehandelt hat.

Charakterlogik „zwingt“ anscheinend zu einem Handeln, das zu Recht von einer breiten Spielerschicht kritisiert wird. Spieler berufen sich darauf, dass sie „nur das tun, was ihr Charakter auch tun würde“, aber indem sie genau das tun, vernichten sie gewaltiges Spielpotential und können ganze Veranstaltungen ruinieren.

Riesiger DrachenschädelMagischer Ogerknochen

ArtefaktplatteGemälde

Der Worst Case: Bunkern/Verstecken und „Aus dem Spiel nehmen“

Wer kennt sie nicht: Plotbunkerer, Dokumentenverstecker, Artefaktzurückhalter, oft organisiert in Geheimgrüppchen, die verstummen, wenn man sich ihnen nähert … und wer hasst sie nicht? (Normalerweise nur die Leute, die in diesen Gruppen sind.)

Die Ausrede ist meistens „IT-Logik“, die besagt, dass man das gefährliche Artefakt sofort verstecken und damit „aus dem Spiel“ nehmen müsse. Der Schaden, den es anrichten könne, sei zu schwerwiegend.

Folge: Spielmöglichkeiten gehen verloren, im Extremfall verschwindet ein Gegenstand, der die Orga Zeit, Geld und Energie gekostet hat, in einem Versteck und taucht erst wieder am Conende mit den OT-Worten auf:

Aussage: „Wir haben es sicher versteckt. Mein Charakter würde es nun heimlich in die Bleikammern von Perricum bringen.“

Warum ist Spielercharakterlogik hier der „Worst Case“, wenn doch alles IT-logisch war und sicherlich in Aventurien auch so passieren könnte?

Die Handlungsweise verhindert oder zerstört Spiel. Durch die Erstellung und Implementierung eines Plotgegenstandes versucht der Veranstalter, den Spielern interessante Szenen für Interaktion zu bieten. Dieses Ziel ist auf eine möglichst breite Spielerschaft ausgelegt, und das Horten/Bunkern/Verstecken des Gegenstandes läuft gegen das Ziel, Spielansätze zu bieten.

SchmuggelgutTGT-Knochen

TSF-PaktiererhandMobilder Phexschrein

Best Case: Sharing is Caring – Teilen macht glücklich

Es ist in der Verantwortung der Spieler, den Plotgegenstand nicht aus dem Spiel zu nehmen. Es ist ihre Aufgabe, einen IT-vertretbaren Weg zu finden, die Informationen und den coolen Gegenstand für die Masse der Spieler zugänglich zu machen – selbst wenn das ihrem Charakter zuerst einmal widerstreben sollte.

Warum? Weil es im Larp nicht darum geht, 10 privilegierten Expertenrollen Spiel zu bieten, sondern möglichst allen Spielern, die Interesse haben, die Teilnahme zu ermöglichen.

Die namenlosen Runenplatten und die getöpferte Sonnenmaske wurden nicht in stundenlanger Arbeit gefertigt, um dann unter einem Spielerbett zu vergammeln. Sie wurden gemacht, damit mit ihnen gespielt wird.

Namenlose ZauberzeichenGeflügelte Maske

Diese Steinplatte ist ein namenloses Artefakt, um die Kräfte auf den Kultort zu bündeln! Wir müssen sie zerschlagen, am besten zu Steinmehl zermahlen und in alle 7 Winde zerstreuen. Nie darf auch nur ein Stück in die Hände der Bösen gelangen! Wir zertrümmern die Platte in 90 Brösel und werfen sie weit verstreut ins Dornengebüsch.

IT-logischer Gedanke

Die Wirkung des Gegenstandes muss neutralisiert werden, jedoch soll der Gegenstand im Spiel bleiben und Spieler müssen in der Lage bleiben, mit ihm zu interagieren. Deswegen zerschlagen wir die Platte in 5 Stücke und werfen sie gut sichtbar und für Interessierte noch erreichbar fort.

Spielfördernder Gedanke

Basteln Grundstein 1Basteln Grundstein 2

Basteln Grundstein 3Basteln Grundstein 4

Basteln Grundstein 5Der Grundstein


Die Autoren stellen als Richtwert auf, dass man sich mit einem Gegenstand mindestens so lange im Spiel befassen sollte, wie Zeit und Mühe in seine Herstellung geflossen sind.


Ein bloßes Zerschlagen (1 Minute Spiel) wäre dem Gegenstand nicht angemessen! Die Erstellung hat vermutlich zwei Stunden gedauert, also soll der Gegenstand auf jeden Fall insgesamt mindestens zwei Stunden Spiel erzeugen. Dies wird einfach, wenn man die Teile sammelt, vielleicht jemand versucht, sie wieder zusammenzusetzen, damit zu handeln, etc. Ein Gegenstand kann also auch in Bruchstücken und ohne seine alte Wirkung weiterhin im Spiel bleiben und dieses bereichern.   

Das Beispiel zeigt, dass hier strenge IT-Logik (Verhindern von Schaden durch Minimierung von Interaktion mit dem Gegenstand) und die OT-Zielsetzungen (Maximierung von Spiel) extrem hart kollidieren.

In einem solchen Fall ist immer der Spielförderung der Vorrang zu geben.

IT-Erklärungen, warum die Geheimhaltung löchrig war oder warum man den Gegenstand in nur 5 große Bruchstücke (zusammensetzbar & weiter bespielbar) statt in 94 Brösel (nicht bespielbar) zertrümmert hat, finden sich bei einem wohlüberlegten Spielansatz und guten Spielern immer. Man muss nur mitdenken und ein wenig kreativ sein. Metagaming eben.  

Der Grundstein wird geöffnetDer Grundstein wird geöffnet

Der Grundstein wird geöffnetDer Grundstein wird geöffnetDer Grundstein wird geöffnet

Anregungen zum Umgang mit IT-Dokumenten

Der Umgang mit IT-Dokumenten ist im Grunde ähnlich wie der mit Plotgegenständen. Wir haben aber mal ein paar Anregungen gesammelt, wie es sich empfiehlt, liebevoll von der Orga geschriebene Texte spielbereichernd zu nutzen:

  • Beim Auffinden von IT-Texten wird dies lautstark an alle Mitspieler kundgetan, sowohl aktuell in der Spielszene als auch später bei der Rückkehr ins Lager oder in einen größeren Kreis.
  • Interessierte Spieler, die sich gerne mit Texten beschäftigen, bekommen diese Texte ausgehändigt, um sich zeitnah damit befassen zu können. Dabei wird auch noch mal darauf hingewiesen, wie wichtig, gefährlich, problematisch usw. diese Schriften möglicherweise sein können.
  • Die Beschäftigung mit den Texten erfolgt im Zentrum des Spielgeschehens, sodass es alle mitbekommen und sich aktiv einbringen können. Aus der Bewachung oder Überwachung der Charaktere, die damit betraut sind, entsteht weiteres Spiel.
  • Die Texte, entsprechende Zusammenfassungen und Übersetzungen werden in Informationsaustauschrunden vorgelesen. Dabei wird auch darauf hingewiesen, wenn Informationen geheim/gefährlich/kritisch sind, gerne im Zusammenhang mit einem IT-Grund, warum diese Information allen Anwesenden zugänglich gemacht wird (z. B. „Zwietracht ist eine dunkle Gabe des Namenlosen, wir müssen zusammenhalten und uns vertrauen!“).

IT-Autoritäten, die unterschiedliche Ansichten zum Umgang mit IT-Texten haben, streiten sich untereinander damit, versuchen aber einen Weg zu finden, die Texte auch weiterhin für alle zugänglich zu lassen. Falsch wäre es, wenn die Praios-Fraktion die Texte einbehält und schnellstmöglich IT-logisch verbrennt. Aber auch diese Autoritäten brauchen ggf. Unterstützung ihrer Mitspieler, wie sie offenes Spiel mit den Texten zulassen können.

Kiste mit SchriftstückenMassig IT-Texte

SchlüsselscheibeEntschlüsselungsscheibe


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